Ungezähmtes Kolumbien – Angelreise zu Peacock Bass und Payara im Herzen des Orinoco
Wer auf der Suche nach einem Angelurlaub abseits ausgetretener Pfade ist, der wird in Kolumbien fündig. Im entlegenen Grenzgebiet zu Venezuela – dort, wo der gewaltige Orinoco-Fluss durch dichten Regenwald schneidet – beginnt eine Angelreise, die alles mitbringt, was Spinnfischerherzen höherschlagen lässt: wilde Natur, völlige Abgeschiedenheit, ursprüngliche Fischbestände – und zwei absolute Ausnahmefische: der farbenprächtige Peacock Bass (Pfauenbarsch) und der spektakuläre Payara, auch bekannt als Säbelzahnsalmler.







Anreise in eine andere Welt
Der Weg in dieses Abenteuer ist nicht einfach, aber genau das macht den Reiz aus. Nach dem Flug nach Bogotá geht es mit kleinen Maschinen weiter nach Puerto Inírida, einer abgelegenen Dschungelstadt am Rande der Zivilisation. Ab dort beginnt die eigentliche Expedition: Mehrstündige Bootstouren führen tief in die Flussarme des Orinoco, vorbei an flachen Sandbänken, Mangroven, spiegelnden Lagunen und undurchdringlichem Grün. Es gibt keine Straßen mehr, keine Infrastruktur, kein Mobilfunknetz. Die Ausrüstung ist auf das Nötigste reduziert, alles muss mit dem Boot transportiert werden – Zelte, Lebensmittel, Wasser, Angelgerät.
Was am Ende dieses Weges wartet, ist ein echtes Wildnis-Camp. Schlafplätze bestehen aus einfachen Feldbetten unter Moskitonetzen, gekocht wird über Feuer oder Gas, gewaschen wird direkt am Fluss. Die Kommunikation erfolgt mit Händen, Mimik und einigen Brocken Spanisch. Es ist die Art von Reise, bei der man sich wieder mit der Natur synchronisiert. Morgens weckt das Brüllen der Brüllaffen oder das Kreischen der Aras, abends sorgt das Zirpen der Zikaden für Atmosphäre.
Peacock Bass – Explosionen an der Oberfläche
Im Fokus vieler Spinnfischer steht der Peacock Bass, einer der aggressivsten und farbenprächtigsten Raubfische der Welt. Seine leuchtenden Gelb-, Grün- und Orangetöne machen ihn nicht nur optisch spektakulär, auch sein Verhalten ist einzigartig. Wer beim
Oberflächenfischen mit Stickbaits, Poppern oder schwimmenden Jerkbaits unterwegs ist, erlebt spektakuläre Attacken. Oft steigt der Fisch explosionsartig aus dem Wasser, reißt den Köder mit einem Schwall an sich und beginnt sofort mit wilden Fluchten. Dabei zeigt er immense Kraft, auch bei Exemplaren unter 10 Pfund.
In den verzweigten Flussläufen des Orinoco lauert der Pfauenbarsch häufig in flachen, strömungsarmen Bereichen – nahe versunkener Bäume, unter überhängenden Ästen oder entlang von Sandbänken. Die Guides kennen diese Hotspots und steuern sie gezielt an. Immer wieder kommt es zu mehreren Bissen in Folge, denn Peacock Bass sind soziale Räuber – meist jagen sie zu zweit oder dritt. Der Drill ist intensiv, besonders wenn der Fisch sich ins Geäst retten will. Das Gerät muss diesem Kampf standhalten: kräftige Spinnruten der PE3–PE5-Klasse, salzwasserfeste Rollen, geflochtene Schnur, starke Vorfächer.







Payara – der Säbelzahnsalmler aus der Tiefe
Der zweite Star dieser Angelreise ist der Payara. Dieser mystisch anmutende Raubfisch mit seinen messerartigen Fangzähnen ist ein wahres Naturwunder. Anders als der Peacock Bass lebt er bevorzugt in schnell fließenden Hauptströmen und Stromschnellen. Dort jagt er kleinere Fische wie Sardinen oder Tetras, und genau dort muss man ihn auch suchen.
Die Bisse des Säbelzahnsalmlers sind brachial – oft trifft er den Köder mit voller Wucht und schießt im Drill wild aus dem Wasser. Dabei entfalten die langen Zähne ihre volle Wirkung: Sie schlagen durch Vorfächer, zerschneiden weiche Köder und sorgen für regelmäßige Aussteiger. Umso größer ist die Befriedigung, wenn ein kapitaler Payara sicher gelandet wird. Die besten Chancen hat man mit schnell geführten Hardbaits, tief laufenden Minnows oder metallischen Jigs. Wichtig: Das Material muss passen, denn die Kombination aus Strömung und Fischkraft stellt höchste Ansprüche an Ausrüstung und Technik.







Spinnfischen unter extremen Bedingungen
Was diese Reise so besonders macht, ist die intensive Verbindung von Natur, Technik und Abenteuer. Die Bedingungen sind fordernd: Die Sonne brennt erbarmungslos, die Luftfeuchtigkeit ist hoch, und jeder Wurf kostet Kraft. Doch genau das ist es, was viele Spinnfischer suchen – ein echtes Gegenprogramm zu überangelten Gewässern und eintönigen Strukturen.
Je nach Jahreszeit verändert sich das Gewässer drastisch. In der Trockenzeit zieht sich der Orinoco stark zurück und legt unzählige Lagunen, Sandbänke und Seitenarme frei. Diese flachen Zonen bieten perfekte Bedingungen für das Oberflächenfischen. In der Regenzeit hingegen schwillt der Fluss an, Strukturen verschwinden, und die Fischerei wird schwieriger, aber auch abwechslungsreicher. Erfahrene Guides wissen, wie sie die wechselnden Bedingungen nutzen können.







Natur, Kultur und unvergessliche Momente
Neben dem reinen Angeln bietet diese Angelreise auch viele Momente der Ruhe und Verbindung zur Umgebung. Regelmäßig zeigen sich rosa Flussdelfine, Tukane und Faultiere. Am Lagerfeuer werden Geschichten ausgetauscht – über verlorene Monster, über spektakuläre Drills, aber auch über das Leben der indigenen Communities, die diesen Fluss seit Jahrhunderten nutzen.
Wer hierher reist, begibt sich nicht nur auf eine Angelreise, sondern auf eine Expedition – zurück zur Ursprünglichkeit, zu echtem Handwerk und zu einem tieferen Naturverständnis. Die Erinnerungen, die man mit nach Hause nimmt, wiegen schwerer als jeder gefangene Fisch: der Moment, wenn der erste Pfauenbarsch die Oberfläche durchbricht, das Adrenalin beim Drill eines kapitalen Säbelzahnsalmlers, das Gefühl, für einige Tage Teil eines größeren Ökosystems zu sein.







Fazit
Diese Angelreise nach Kolumbien ist nichts für Komfortangler. Sie richtet sich an erfahrene Spinnfischer, die Natur und Fischerei in ihrer intensivsten Form erleben wollen. Wer bereit ist, sich auf die Wildnis einzulassen, wird belohnt – mit unvergesslichen Momenten, kampfstarken Fischen und einem neuen Verständnis von Angeln.